Deeskalationstraining

"Gewalt am Arbeitsplatz"

Grundregeln

Im folgenden Teil werden grundlegende Verhaltensweisen benannt, die zum Gelingen einer Deeskalation beachtet werden sollten. Die Grundregeln beinhalten zum Teil eine Zusammenfassung der bereits genannten Interventionen. Die Vorgehensweise verhilft zu einem optimalen überblick aller zu beachtender Interventionen.

Rechtzeitig eingreifen

Die Wahrscheinlichkeit einer gewalttätigen Auseinandersetzung sinkt, je eher in eine emotional geführte Interaktion eingeschritten wird. Konflikt klärende Gespräche könne auch auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden.

Kontrolle bewahren, Regeln einhalten, Grenzen setzen

Es ist wichtig, die Kontrolle über sich selbst und auch über die Situation zu bewahren. Nicht die Klienten sollen kontrolliert werden. Mögliche Konsequenzen sollten ohne die Verwendung von Drohungen aufgezeigt werden. Dem Klienten müssen die Auswirkungen seines Verhaltens verdeutlicht werden, um sein altes Verhalten ablegen zu können. Die Kontrahenten sollten die Möglichkeit erhalten, sich zurückzunehmen, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Klagende Monologe sollen vermieden werden und die Einhaltung der verbalen und nonverbalen Kommunikationsregeln sollten beachtet werden. Zudem sollte eine Aufzählung möglicher Lösungen erfolgen, um dem Klienten Handlungsalternativen zu veranschaulichen, die er in seinem erregten Zustand nicht mehr wahrnimmt (z.B. „eine Bank bauen“, s. Leitfaden). Zugeständnisse können nur in Bereichen erfolgen, die das Verhalten des Klienten nicht verstärken.

Sicherheit

Teams, die mit Gewalthandlungen von Klienten rechnen müssen, sollten eine eigene Sicherheitskultur entwickeln. Dies betrifft z.B. eine Schaffung von technischen Voraussetzungen (z.B. Alarmvorrichtung), den Einsatz qualifizierter Mitarbeiter, ständige Fort- und Weiterbildungen, Supervision und die Nachbetreuung von Mitarbeitern, die Gewalt ausgesetzt waren.

Im Vorfeld sollte ein Plan zum Umgang mit Gewaltsituationen überlegt werden. Zudem sollte sich kein Mitarbeiter unüberlegt in eine gefährliche Situation begeben, da auch der eigene Kampfinstinkt ausgelöst werden könnte.

Im akuten Fall sollten zwei Betreuer tätig werden. Der Ruhigere von ihnen kann die unmittelbare Kommunikation mit dem Aggressor führen. Der andere Mitarbeiter sollte sich dezent im Hindergrund halten. Die Strategie gibt dem aktiven Kollegen ein Gefühl der Sicherheit und ein Einschreiten des unbeteiligten Kollegen ist jederzeit möglich. Zudem ist es sinnvoll, wenn der Kollege, der über eine gute Beziehung zum Klienten verfügt, interveniert, da eine gute Kommunikation über die Beziehungsebene erfolgen kann.

Die Fluchtwege müssen immer offen gehalten werden. Der Aggressor darf sich niemals eingeengt fühlen. Potentielle Waffen sollten bereits im Vorfeld entfernt werden, damit sie nicht zum Einsatz kommen können. Es muss auch beachtet werden, dass Waffen, die auf den ersten Blick nicht als solche definiert werden (z.B. Flaschen, Scheren etc.) ebenfalls weggeschlossen sind. Falls das im Vorfeld nicht erfolgt ist, könnte das ein Kollege, der sich im Hintergrund befindet, erledigen.

Die Zuschauer müssen unbedingt entfernt werden, damit keine Anreize bestehen (z.B. Anfeuern, Statuserhöhung) und sie vor übergriffen geschützt werden können.

Die Kontrahenten sollten getrennt werden, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Ein eigener sicherer Stand (z.B. Beine hüftbreit auseinander, locker in den Knien) sorgt dafür, dass eventuellen körperlichen Attacken ausgewichen werden kann und man selber nicht leicht umgestoßen werden kann.

Risikoabwägung in der akuten Situation

In Problemsituationen gibt es häufig Bedingungen, die eine Risikoabwägung erleichtern. Treten mehrere Bedingungen zugleich auf, ist erhöhte Vorsicht geboten. Die Bedingungen sind vielfältig und werden nacheinander benannt:

Schwierige Bedingungen sind gegeben, wenn der potentielle Aggressor einer Gruppe angehört, in der Gewalt zur Norm gehört und bekannt ist, dass er zu gewalttätigen übergriffen neigt. Daher sollte ein Wissen um die bisherige Lebensgeschichte und Erfahrungshintergründe des Klienten bestehen.

Schwierige Bedingungen bestehen auch, wenn der Aggressor bereits hoch erregt ist. Steht er unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen, ist ein gewalttätiger übergriff wahrscheinlicher, da die Substanzen enthemmend wirken.

Wird bereits mit Gewalt gedroht, kann eine Deeskalation erschwert werden. Daher sollte immer auf Anzeichen von Erregung geachtet werden (z.B. geballte Fäuste, rote Flecken im Gesicht etc.)

Keine gute Bedingung ist gegeben, wenn sich der Aggressor ungerecht behandelt fühlt und ein Beziehungsproblem zum potenziellen Opfer besteht.

Falls eine psychische Erkrankung vorliegt, kann unter Umständen nur schwer interveniert werden.

Es bestehen aber auch Risiken, die sich aus der Situation des potentiellen Opfers ergeben. Das potentielle Gewaltopfer sollte darauf achten, dass es nicht alleine ist und Ausweichmöglichkeiten bestehen. Insgesamt muss beachtet werden, dass eine Einnahme der Opferrolle bzw. der Täterrolle, welche innerhalb der Interaktion eingenommen wird, sich wechselseitig beeinflusst und insgesamt eine Eskalation begünstigt. Daher soll dem Klienten auch auf gleicher Höhe begegnet werden. Sitzt ein Klient sollte man sich auch hinsetzten. Ein Sicherheitsgefühl, z.B. durch das eigene Büro, kann trügen.124

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